in der serie halbvorstellung geht es um bücher, die in mancher hinsicht lesenswert sind, denen aber auf halber strecke die luft ausgeht. den anfang macht das vielbesprochene buch „Schulden. Die ersten 5.000 Jahre“ von David Graeber (Klett-Cotta, 2012).
eigentlich ist Graebers buch über eine polit-ökonomische geschichte von geld und schulden ein schlechtes beispiel für diese Serie, weil es weit über die hälfte hinaus lesenswert, ja horizonterweiternd ist. die ersten 250 seiten sind eine solche schatzkammer an einsichten, überraschungen und irritationen, dass sie alleine schon die anschaffung des 500-seiten-wälzers mehr als rechtfertigen.
grandios, wie Graeber den mythos vom tauschhandel als vorläufer der geldwirtschaft zertrümmert (S. 29). aufschlussreich, wie in mesopotamien bereits tausende Jahre vor Christus regelmäßig schuldenschnitte notwendig waren, um gesellschaftliche fliehkräfte auf grund von überschuldung breiter bevölkerungsschichten in zaum zu halten (S. 65). sehr interessant auch die schilderung von islamischen wirtschaftheorien und der umstand, dass bereits lange vor Adam Smith islamische gelehrte das stecknadelbeispiel als beleg für die vorteile von arbeitsteilung angeführt haben (S. 279). hinzu kommen die formulierungsfreude und die fülle an unterhaltsamen anekdoten, die die lektüre über weite strecken zu einem echten lesevergnügen machen.
umso größer ist dann aber die enttäuschung, als sich Graeber der gegenwart annähert. in der mit abstand
besten rezensionen von Graebers buch, die mir untergekommen ist, bringt Till van Treeck das problem der letzten 100 seiten auf den punkt:
„Graeber verkennt, bei aller berechtigten Kritik an den „kapitalistischen Imperien“, das emanzipatorische Potenzial einer keynesianisch inspirierten Marktwirtschaft.“